“Alte Säcke mit Rhetorik”
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten haben PC-Nutzer als Geldquelle entdeckt.
Von Lisa Maria Korritke (2006-10-05; 16:49)
Mit mehr als 20.000 Mitarbeitern gehört die ARD zu den großen Arbeitgebern in Deutschland und kann nach privatwirtschaftlichen Maßstäben als Medienkonzern betrachtet werden. Auch das ZDF mit etwa einem Viertel dieser Mitarbeiteranzahl fiele noch knapp in diese Kategorie.
Die öffentlich-rechtliche Medienmacht in Deutschland ist gewaltig. Wesentlich finanziert durch Zwangsabgaben aller Besitzer von Fernseh- oder Radiogeräten - die GEZ-Außendienstler sind berüchtigte Gebühreneintreiber -, verteilen ARD und ZDF jährlich eine Menge Geld an Produktionsfirmen, beteiligen sich an Kinofilmproduktionen im In- und Ausland, finanzieren Drehbuchautoren, Kameraleute, Produzenten, schicken Doku-Filmer in die Welt hinaus, und unterhalten weltweit Studios und Korrespondententeams. Sie beschäftigen angestellte Redakteure, Dramaturgen, Reporter, Tischler, Maskenbildner, Elektriker, Pyrotechniker, Klempner, Ingenieure, Licht- und Bühnenbildner, Requisiteure, Autoren, Intendanten (Was, bitte, hat ein Intendant zu tun?), Programmdirektoren, Moderatoren, Pastoren, Meteorologen, Juristen, Kaufleute, und …? Sie beschäftigen einen Querschnitt deutscher Berufe. Und was kommt dabei heraus?
Zu wenig. Viel zu wenig. Das Programm ist mager. Hier ein Harald Schmidt (verkauft seine Sendung durch eigene Produktionsfirma), dort ein Johannes B. Kerner (verkauft seine Sendung durch eigene Produktionsfirma), an anderer Stelle ein Beckmann (verkauft seine Sendung durch eigene Produktionsfirma), eine Maybritt Illner (verkauft ihre Sendung durch eigene Produktionsfirma), Sabine Christiansen (verkauft ihre Sendung durch eigene Produktionsfirma), oder ein Dittsche (verkauft seine Sendung durch eigene Produktionsfirma). Plaudern ist teuer. Bildungsauftrag und politische Bildung? Verfehlt. Stattdessen schwadronieren um der Quote willen. Prähistorisch aktuell.
Doch weil Ihnen nicht viel Besseres einfällt, wappnen sich die Öffentlich-Rechtlichen nun. Ihre im Semantischen Erfahrenen und in Euphemismen Geübten, in so mancher Korruptionsschlinge nur mit dem Zeh Steckengebliebenen (Schleichwerbung? Mein Name ist doch Hase!), vor allen die in dieser Hinsicht im Pensionsalter Stehenden (Herr Struwe, wo waren Sie, als es um Schleichwerbung ging?), wollen ihre Schiffe in die Zukunft schippern, deren Namen nicht etwa Abspecken, Programmverbesserung, Kostenreduktion lauten, sondern auf neue Einnahmequellen erschließen getauft wurden. Mag manchem der Champagner auch aufgestoβen sein.
Da fiel den verantwortlichen Damen und Herren doch glatt ein, ab 2007 eine Zwangsabgabe auf PCs und Handys zu formulieren. Sind sie dazu de jure überhaupt berechtigt? Haben sie derart viel Entscheidungsgewalt, sich bei in Deutschland wohnenden PC- und/oder Handynutzern zu bedienen? Haben sie Beschluß- oder Gesetzgebungskompetenz?
Wollen sie etwa Rechtsstreite gegen Unternehmen führen, etwa gegen SAP, Siemens oder andere, auch gegen die tausende von kleineren Betrieben? Und gegen Privatleute? Von welchem Geld wollten sie diese bezahlen? Ach so, GEZ! Oder wollten sie einen Deal mit den Telekommunikationsunternehmen machen? Auf welcher Rechtsgrundlage? Müßten die Telekommunikationsunternehmen nicht massenhaft Vertragskündigungen fürchten? Schließlich bietet schon jetzt das Ausland alle Leistungen in Deutschland an, die hier noch von waidwunden Hirschen zu behaupten versucht werden. Und die Imageschäden für die Telekomms? Wären die nicht immens?
Wenn die Öffentlich-Rechtlichen ein TV-Programm im Internet anbieten, sollen sie dafür auch Gebühren verlangen. Sie müßten hierzu eine Nutzerregistrierung einrichten und durchsetzen, und darauf hoffen, daβ sich jemand registriert. So funktioniert das im Internet. Solange sie das nicht tun, gibt es keinen Grund, PC-Nutzer mit einer Zwangsabgabe zu belangen.
Das Internet ist ein Medium der Zukunft. Um dabeizusein und dabeizubleiben, braucht es junge Leute mit Ideen, keine alten Säcke mit Rhetorik und Kämmerermentalität. Dreistellige Millionenbeträge in eine Präsentation zu investieren, zeugt von wenig Sachverstand. Ist ja nicht ihr Geld.
© Lisa Maria Korritke
© GeoWis (2006-10-05; 16:49:39)