Streit unter Dieben
Zwischen der spanischen Regierung und US-amerikanischen Schatzbergern schwelt seit langem ein Streit, der jüngst in der Aufbringung der Odyssey Explorer mündete. Wem gehört der Bimbes?
Von Micha Rehms (2007-11-03)
Eine Geschäftsidee ist dazu da, Geld daraus zu machen und ein Auskommen damit zu erzielen. Für die eine braucht es wenig Kapital, für die andere viel. Wer nicht aus dem Vollen schöpfen kann, sucht sich Geldgeber und verspricht ihnen per Vertrag Beteiligungen am Gewinn. Das weiß inzwischen jeder Jugendliche in den USA und - grob geschätzt - jeder driite über 17 in Deutschland.
Eine gute Idee nebst Businessplan verheißen nicht nur im IT-Business sprudelndes Geld, sondern auch immer noch im klassischen, physischen. In jenem also, wo neben der nackten Geschäftsidee und Grips noch richtig Hand angelegt werden muß. So auch bei modernen Schatzsuchern.
Ausgestattet mit Informationen aus historischen Schriften zu gesunkenen Schiffen während der vergangenen 500 Jahre machen sie sich mit Hitech-Bergungsschiffen auf den Weg, einst geraubte Schätze zu heben. Angesichts der Moderne, in der küstennahes Meerwasser in Hoheitszonen aufgeteilt ist, entsteht schon mal Streit darüber, wer bei wem wildert.
Ausgerechnet Spanien, das über die letzten 515 Jahre mehr Blut an seinem Stecken gesammelt hat als alle anderen europäischen Nationen, unterliegt offenbar erneut der Gier nach Gold und Silber, seit US-amerikanische Schatzsucher der Firma Odyssey Marine Exploration - an der auch John Edwards, Mit-Kandidat der Demokraten für die Präsidentschaftswahlen Aktien hält - im Mittelmeer fündig geworden sind.
Jüngst wurde das Schatzsucherschiff Odyssey Explorer von der spanischen Guardia Civil, Abteilung Marine, gezwungen, in den Hafen von Algeciras einzulaufen, mitsamt aller Fracht, die es wahrscheinlich aus dem 1804 gesunkenen Segelschiff Nuestra Señora de las Mercedes in angeblich internationaler Zone des Mittelmeers gehoben hat. Nun streiten sich Spanien und die Odyssey Marine Exploration um den Schatz, der, nähme man es genau, keinem von beiden je gehören dürfte.
Es ist ein so lächerlicher wie ernster Streit unter Dieben. Spanien beansprucht Gold, Silber und Bronze, die es aus den vor Jahrhunderten unterworfenen Kolonien des mittel- und südamerikanischen Kontinents geraubt hatte; die modernen Schatzsucher in Gestalt von Odyssey Marine gehen davon aus, so lange der Bimbes im Niemandsmeer liegt, kann ihn jeder für sich beanspruchen.
Die Rechtslage dazu ist international ungeklärt. Zwar gibt es seit 1982 das UN-Seerechtsübereinkommen (UNCLOS), in dem festgelegt ist, wie weit die Hoheits- und Ausbeutungsrechte eines Staates ins Meer hinaus reichen. Allerdings sagt die Übereinkunft, die die Iberer erst 1997, die USA bisher noch nicht unterzeichneten (Deutschland: 1994), nichts darüber, wem die Schätze gesunkener Schiffe gehören.
Die Frage bleibt: Müssten die Schätze, die aus ehemaligen Kolonien geraubt wurden, nicht an die heute souveränen Staaten zurückgegeben werden, ganz gleich wer sie hebt? Beim Internationalen Seegerichtshof (ISGH) mit Sitz in Hamburg, dem gegenwärtig 15 Streitfälle vorliegen, wurde der Disput um den Schatz im Mittelmeer bisher nicht eingereicht. Womöglich wären die Richter gar nicht in der Lage, darüber zu entscheiden.
So werden Jahrhunderte nach den großen Schlachtereien in den Americas auch im 21. Jahrhundert noch Besitzansprüche an Geraubtem evident. Niemand aus der EU-Kommission ist bisweilen auf die Idee gekommen, die maritime Schatzsuche auch nur zu thematisieren. Doch der Bimbes kann weder Aktiengesellschaften, noch einstigen Kolonialisten gehören. Er gehört dorthin zurück, wo er geraubt wurde. Allerdings erheben die Beraubten bisher gar keine Ansprüche. Ja dann ...
© Micha Rehms
© GeoWis (2007-11-03; 11:17:39)