Konstruierter Streit
Der Streit um Seltene Erden aus China hat jüngst für Unruhe im Westen gesorgt. Dabei hat das Land nachvollziehbare Gründe für die Verringerung seiner Exportquote der kostbaren Mineralien und Metalle.
Von Wang Wei (2010-10-29)
Mit 36 Prozent verfügt China über mehr als ein Drittel der bislang bekannten Vorkommen von Seltenen Erden (Rare Earths); knapp 30 Prozent befinden sich in Grönland, wo noch an der Möglichkeit eines Abbaus geforscht wird; 19 Prozent liegen in Russland im Boden und 13 Prozent in den USA. Malaysia, Indien, Brasilien verfügen über die restlichen Ressourcen.
Die in zwei Gruppen - Lanthanoide (z. B. Scandium, Yttrium); Actinoide (Actinium, radioaktiv) - unterteilten 17 chemischen Elemente sind seit über 60 Jahren heiß begehrt, weil sie für die Herstellung moderner und Hochtechnologie benötigt werden, so für Gebrauchsgüter wie Autos oder Mobiltelephone, aber auch für Militärtechnologie. China hat zuletzt 97 Prozent der Weltjahresproduktion der Seltenen Erden geliefert.
Der kürzlich entbrannte Streit über die Reduzierung von Exporten wirkt hingegen vor dem Hintergrund, dass etwa die USA und Russland selbst über nennenswerte Vorkommen verfügen, konstruiert. Am vergangenen Donnerstag äußerte sich der Sprecher des chinesischen Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie, Zhu Hongren, laut China Daily im Hinblick auf den bevorstehenden G20-Gipfel in Südkorea, dass man nicht vorhabe, die Seltenen Erden als Instrument für diplomatische Verhandlungen einzusetzen. Vielmehr hoffe man, mit anderen Ländern im Gebrauch der Seltenen Erden auf einer Win-Win-Basis zu kooperieren und gemeinsam die nicht erneuerbaren Ressourcen zu schützen.
China habe in den vergangenen Jahren eine überproportionale Ausbeutung dieser chemischen Elemente betrieben, wie Zhu sagte. Ginge dies in gleichem Maße so weiter, seien die Vorkommen in 15 bis 20 Jahren aufgebraucht. Dann müsste China, das sich längst auf einem rasanten Marsch zu einem Hochtechnologieproduzenten befindet, selbst Seltene Erden importieren.
Die Verringerung der Exportquote dieser Mineralien, die mittels Einsatz von Säuren aus dem Gestein gelöst werden, was zu erheblichen Umweltverschmutzungen führt, hatte das Land schon vor längerer Zeit angekündigt und in den vergangenen Jahren sukzessive umgesetzt. Sie stünden im Einklang mit der Welthandelsorganisation, sagte Zhu, der zudem darauf hinwies, dass man eine langfristige Restriktionsstrategie verfolge.
Wie Zhu, dessen Stellungnahme einen Tag nach der von US-Außenministerin Hillary Clinton gemachten Äußerung kam, die US-Administration würde jede Art von Klärung in dieser Sache begrüßen, betonte auch das chinesische Außenministerium, dass es Chinas Recht sei, über seine Ressourcen selbst zu bestimmen.
Am lautesten monierte Japan bisher die Exportreduzierung der Seltenen Erden, obwohl es ein Lieferabkommen zwischen den beiden Ländern gibt. Vorsichtshalber habe Nippon bereits Hamsterkäufe für schlechte Tage gemacht, wie es heißt. Ängste herrschen auch in Deutschland. So sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, in manchen Unternehmen gebe es bereits Probleme mit der Verfügbarkeit der kostbaren Rohstoffe und verwies darauf, dass die Preise bis zum Jahresende bis auf Siebfache steigen könnten.
Zwingen, seine Rohstoffpolitik den Forderunbgen des Westens anzupassen, kann man China nicht. Vielleicht wäre ein Moratorium möglich, wie Zhu es andeutete. Allerdings kann das keine einseitige Veranstaltung sein, schon deshalb nicht, weil die USA und Russland auf ihren Vorkommen sitzen und sie bisher nur zaghaft abbauen, weil der Import aus chinesischer Produktion ungleich preiswerter ist.
Eine kräftige Verteuerung der Seltenen Erden, die diesmal nicht von Börsenspekulanten ausginge, weil die Mineralien nicht an der Börse gehandelt werden, wäre der Endlichkeit der Ressourcen geschuldet und ganz im Sinne jener Länder, die über die Kostbarkeiten verfügen. In der Folge verteuerten sich selbstverständlich auch sämtliche Produkte, für deren Herstellung sie gebraucht werden. Damit gilt es sich abzufinden.
© Wang Wei
© GeoWis (2010-10-29)