Locker über eine Million
Nachdem die Kanzlei Dr. Niebaum und Partner in einer Mietsache in eigener Angelegenheit im vergangenen Jahr juristisch unterlag, steht nun das Berufungsverfahren an.
Von Hubertus Molln (2011-03-28)
Das Urteil des Dortmunder Landgerichts im März letzten Jahres war eine schmerzliche Niederlage für den ehemaligen Präsidenten des BVB 09. Um 860.000 Euro Mietrückstände nebst Zinsen und Kosten sollen er und seine Mitgesellschafter zahlen, weil sie ihre großzügig bemessenen Kanzleiräume in fristlos gekündigt hatten.
Im Jahr 2005 bezogen Niebaum und Partner (Niebaum Rechtsanwälte) neue Räumlichkeiten an der Bundesstraße 1 (B 1) in Dortmund-Mitte, die in der Szene als "äußerst repräsentativ" (Ruhr Nachrichten, Printausgabe) galten. Wie es heißt, sei ein so genannter Konkurrenzschutz Bestandteil des Mietvertrags gewesen, was bedeutet, dass seitens des Vermieters zugesichert worden sein wäre, an keine weitere Kanzlei in dem Gebäude zu vermieten. Die Laufzeit des Mietvertrags, so heißt es, wurde auf zehn Jahre festgelegt.
Nachdem im Jahr 2007 eine bereits als Mieter im Hause ansässige Steuerberatungsgesellschaft ihr Geschäftsmodell um rechtsanwaltliche Dienstleistungen erweitert hatte, sahen Niebaum und seine Mitgesellschafter darin offenbar einen Verstoß gegen den Konkurrenzschutz gegeben und kündigten den Mietvertrag, der eine Bruttomonatsmiete von rund 40.000 Euro aufweisen soll, fristlos. Man zog aus, blieb aber an der renommierten B 1, namentlich am Westfalendamm.
Dann kam es dicke für Niebaum und seine Mitgesellschafter. Der Vermieter, die in Frankfurt/Main firmierende ING REEOF GmbH & Co.KG, klagte vor dem Landgericht Dortmund und erhielt im März 2010 Recht. Zur Argumentationslinie in der Urteilsbegründung des Landgerichts Dortmund gehört, dass der Vermieter den Steuerberatern nicht habe verbieten können, ihr Tätigkeitsfeld auszuweiten. Der Konkurrenzschutz könne sich nur auf neue Mieter beziehen.
Für Gerd Niebaum, jenem legendären BVB-Präsidenten (1986-2004), unter dessen Vereinsführung die erste Fußballmannschaft von Borussia Dortmund 1989 den DFB-Pokal holte, 1992 Vize-Meister wurde, 1995, 1996 und 2002 Meister, 1997 Champions-League- und Weltpokalsieger und 2002 Vize im UEFA-Cup (gegen Feyenoord Rotterdam), war das Urteil eine bittere Pille.
Auch für die Kanzlei, in der zehn Rechtsanwälte und Notare die am weitesten verbreiteten Sachgebiete - darunter auch Miet- und Pachtrecht - bearbeiten, war es eine Niederlage. Ergo ging man in die Berufung, die angenommen wurde und am 29.03.2011 vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt wird. Der Ausgang ist offen. Indes bleibt zunächst die Frage, weshalb sich eine so renommierte Kanzlei, die im Kern seit 1978 besteht, durch eine zumindest überhastet erscheinende fristlose Kündigung in eine derartige Bredouille bringt?
Das Verfahren könnte Niebaum und Partner im Falle des Unterliegens locker über eine Million Euro allein für den vom Landgericht festgestellten Zahlungszeitraum kosten, eine Summe, die jeder Kanzlei wehtut, mancher an die Substanz geht und eine kleine in die Pleite treiben kann, wenn sich nicht ausreichend umsatzkräftige Mandate im Portfolio befinden. Inwieweit noch hinsichtlich der Laufzeit des fristlos gekündigten Mietvertrags addiert würde, ist einstweilen unklar.
Auf jeden Fall ist die Kanzlei Niebaum und Partner ordentlich ins Gerede geraten, und Gerd Niebaum, dem der BVB 09 viel zu verdanken hat, wenngleich Niebaum ihm im Verbund mit Ex-BVB-Manager Michael Meier einen Berg an Schulden hinterließ, kämpft um die Existenz seiner Kanzleigesellschaft. Dem Strategie-Pärchen Niebaum/Meier wurde hernach die finanzielle Misere des BVB 09 maßgeblich angelastet. Damals war allerdings auch Hans-Joachim Watzke, der sich heute im Erfolg des Fußballvereins sonnt, schon im Aufsichtsrat.
Dieser Nebenkriegsschauplatz dürfte aus Niebaums Sicht im Moment keine Priorität genießen. Das OLG-Verfahren schon. Doch als rissen die Probleme für den langgedienten BVB-Präsidenten nicht ab, muss nun auch der Briefkopf geändert werden. Wie GeoWis heute aus lokalen Juristenkreisen erfuhr, ist das Notariat von Dr. Gerd Niebaum inzwischen gelöscht worden. Für den einstigen BVB-Präsidenten scheinen sich die Probleme gerade zu häufen.
© Hubertus Molln
© GeoWis (2011-03-28)
Update (2011-03-29): Das OLG Hamm, 7. Zivilsenat, schlug den streitenden Parteien heute einen Vergleich vor. Demzufolge soll seitens der Kanzlei von Niebaum Rechtsanwälte und des früheren Mitgesellschafters eine Summe von 390.000 Euro gezahlt werden. Einigen sich die Parteien nicht, wird das OLG im Mai 2011 ein Urteil sprechen.