"Manchmal nur Maulwurfshügel"
Der jüngst zu Ende gegangene G-20-Gipfel in Mexiko scheint sich in die vorherigen Zusammenkünfte auf dieser Ebene einzureihen.
Von Uwe Goerlitz (2012-06-20)
Seit dem ersten G-20-Treffen im Dezember 1999 in Berlin, das unter der Regierung Schröder stattfand, hat sich diese Institution Zug um Zug als informelle Organisation von Staats- und Regierungschefs abseits der Vereinten Nationen etabliert, um den sozialökonomischen Verlauf auf dem Globus maßgeblich mitzubestimmen. Völkerrechtlich ist die Institution nicht abgesichert.
Doch was haben die vielen Treffen bislang bewirkt? 2007, als man sich im südafrikanischen Kapstadt ein Stelldichein gab, stand die Weltwirtschafts und -finanzkrise, die bereits evident war, nicht einmal auf der Tagesordnung. Danach jedesmal. So auch beim jüngsten Treffen, dem 17., - Mexikos scheidender Präsident Felipe Calderón Hinojosa hatte ins mondäne San Juan del Cabo im Süden der niederkalifornischen Halbinsel eingeladen -, das vom 18.-19. Juni 2012 abgehalten wurde.
Die Halbinsel, kurz: Baja, die sich die mexikanischen Bundesstaaten Baja California und Baja California Sur teilen, besteht abseits der Touristenregionen aus Gebirgszügen, Kakteenfeldern, Wüsten, teils unerschlossenen Kleinoden und weit über hundert Inseln, die meisten davon im Golf von Kalifornien. Sie ist größtenteils eine gefährliche, unwirtliche Region. Davon aber werden die Gipfelteilnehmer nichts mitbekommen haben.
Das Treffen, zu dem sich die Brüssel-Korrespondentin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Sabine Henkel, am Morgen in der Radiosendung Westzeit kritisch äußerte, indem sie sagte, dass "Angela Merkel ja gerne Berge besteigt, auch im Urlaub", dass aber "Gipfel auch manchmal einfach nur Maulwurfshügel" seien, hat - soweit bisher bekannt - außer Absichtserklärungen nicht viel gebracht.
Indes, es standen wichtige Themen auf den Tagesordnungen, die in mehreren vorangegangenen Vorbereitungstreffen seit Dezember 2011 eingegrenzt und für die eigens Gremien gebildet wurden. So diskutierte man sektoral Möglichkeiten zur Finanzmarktregulierung und tauschte sich über eine internationale Finanzarchitektur aus. Gleichwohl waren Risikomanagement und Verbraucherschutz Themen.
Vieles ist den so genannten Sherpas - Beauftragten der Staats- und Regierungschefs - übertragen worden, zu denen etwa Merkels Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Lars-Hendrick Röller, Mexikos Vize-Außenministerin Lourdes Azanda Bezaury, Japans Vize-Außenminister Shinichi Nishimiya, Chinas Vize-Außenminister Ciu Tiankai und der für Frankreichs Präsident Hollande agierende Emmanuel Macron, vor Wochen noch Rothschild-Banker, gehören.
Die 21 Sherpas, von denen drei als Gäste eingeladen waren (Vertreter Spaniens, Kolumbiens, Chiles), durften sich beispielsweise mit den Themen Arbeitsmarkt, Anti-Korruption, Agrarwirtschaft und Energie beschäftigen. Was dabei herauskam, ist noch nicht publiziert oder mitgeteilt worden. Man darf gespannt sein. Oder auch nicht. Es war ja nur einer von vielen Gipfeln der vergangenen Jahre, den Sabine Henkel mit einem ordentlichen Schuss Häme kommentierte. Man komme "aus dem Zählen kaum raus", alles sei ja "global und unheimlich wichtig." Der WDR-2-Radiosender rubrizierte "Gipfelitis".
Wohl wahr. Nebenbei stellt sich die Frage, weshalb Calderón Hinojosa ausgerechnet die Region Los Cabos ausgewählt hatte, in der subtropisches Klima herrscht und das Thermometer locker 30° C übersteigt. Der Tagungsort - ca. 70.000 Einwohner -, der zu dieser Jahreszeit von Urlaubern aus den USA und Kanada geflutet wird, sollte wohl eher der Tourismusförderung dienen. Jedenfalls sind keine verbindlichen Beschlüsse gefasst worden, lediglich Absichtserklärungen.
© Uwe Goerlitz
© GeoWis (2012-06-20)