Kein Esprit
Fortuna Düsseldorf entlässt Trainer Mike Büskens. Der inzwischen karnevalesken Habitus zeigende Zweitligaklub des deutschen Fußballs scheint vom Kopf her zu stinken.
Von Roman Siertes (2013-11-30)
Mike Büskens ist seit heute nicht mehr Trainer von Fortuna Düsseldorf. Er sei beurlaubt worden, wie es auf der Webseite des Fußballzweitligisten heißt. Ausschlaggebend war angeblich die gestrige 0:2-Heimspiel-Niederlage gegen den Karlsruher SC, die die Fortuna der 3. Liga ein weiteres Stück näherbringt.
Dabei ist der als Kulttrainer apostrophierte Düsseldorfer Büskens, der lange für Schalke spielte und bei den Greuther Fürthern ordentliche Trainerarbeit ablieferte, trotzdem entlassen wurde, gerade nicht derjenige, der die spielerische Misere des Deutschen Meisters von 1933 und zweimaligen DFB-Pokalsiegers (1979; 1980) zu verantworten hat, sondern der inzwischen in die Jahre gekommene Sportvorstand Wolf Werner.
14 Spieler verließen den Verein zu Saisonbeginn, zwölf neue wurden unter Werner konzeptionslos verpflichtet. Aus zehn Nationen. Eine internationale, preiswerte Auswahl demnach, die man als Trainer erst mal interkulturell stemmen muss, zumal, wenn bei einigen Spielern das Niveau der Deutschkenntnisse bestenfalls A1 nach dem europäischen Referenzrahmen ist. Wie soll ein Trainer einer derart heterogenen Truppe binnen kurzer Zeit verständlich machen, was man von ihr will?
Büskens hätte wissen müssen, auf was für ein Vabanque-Spiel er sich bei den Jecken einlässt, doch wenn die Börse stimmt und der Beschäftigungslosigkeit entgangen werden kann, traut man sich auch Unmögliches zu. Wie der Klub selbst. Jahrelang in den unteren Ligen zuhause, war er zur Saison 2012/13 in die 1. Liga aufgestiegen, versetzte seine Fans in Feierlaune und ließ sie - nicht selten von Altbier geschwängert - reichlich Bengalos abrennen, obwohl unter Ex-Trainer Norbert Meier häufig nur Kampf-, Krampf- und Rumpelfußball alter Schule geboten wurde, und stieg wieder ab.
An markigen Sprüchen mangelte es dem Klub nicht. Zu Heimspielen lässt er Plakate mit Wortspielereien drucken. Nicht ungewöhnlich, solche Aktionen. Immerhin gehört Düsseldorf zu Deutschlands Werbe-Hauptstädten. Da lässt man sich - in Anlehnung an den langgedienten F95-Rackerer Andreas Lumpi Lambertz - nicht "lumpien". Allerdings erwies so manches Werbeplakat sich nach Spielende als Rohrkrepierer.
So geschehen nach dem Heimspiel gegen Schalke in der 1. Liga am 28.09.2012, als man die Losung "Glück aus" auf Plakate drucken ließ und nur 2:2 spielte. Den 1860er Münchner Löwen plakatierte man entgegen, "The Lions Sleep Tonight" - und verlor 1:2. Richtig auf die Mütze gab es zuhause gegen den SC Paderborn (26.10.2013), dem man mit "Born in Düsseldorf" begegnete und am Ende mit 1:6 unter die Dusche ging. Den Karlsruhern rief man in Rotweiß "Aus dem Wildpark und doch ganz zahm" entgegen und brachte es nicht fertig, dem Wunschdenken auch nur annähernd Taten folgen zu lassen. Ergo kassierte Fortuna zwei Tore und schoss keins.
Die mehr oder weniger geglückten Sprüche, erdacht von der Düsseldorfer Werbeagentur BBDO - die den Spagat zwichen Kö und Flinger Broich meisterlich vergeigte -, deren Dienste der Klub ohne Schwung sich seit Mitte 2008 bedient, scheinen für gegnerische Teams eher Ansporn als Abschreckung zu sein. Da darf gefragt werden, ob seitens der Agentur, in der ja auch gut ausgebildete Leute arbeiten, möglicherweise versäumt wurde, die psychologische Wirkung ihrer verqueren Sprachkunst im Hinblick auf die gegnerische Mannschaft ihres Kunden abzuwägen. Und Wolf Werner muss sich auf seine alten Tage fragen lassen, ob er die diesen Sprüchen innewohnenden Provokationen richtig verstanden hat.
Die Mannschaft des Fußball-Klubs, dessen prominentester Anhänger Toten-Hosen-Frontmann Campino ist, scheint wie das Frucht-Bonbon aus dem Hause Storck - Campino - eine zu sein, die man lutschen kann. Die flotten Sprüche der Werbeagentur erschließen sich ihr kaum und die Ansagen von Büskens konnten sie offenbar auch nicht verstehen.
Werner und seine Vorstandskollegen haben jedoch genauso wenig verstanden. Anstatt viel Geld für eine langjährige, teure und fragwürdige Werbekampagne auszugeben, die lediglich zur Erheiterung der ohnehin vorhandenen Fans dient, sollten sie ihrer Multi-Kulti-Truppe erfahrene Trainer im Fach Deutsch als Fremdsprache zur Seite stellen. Allerdings braucht man dafür keine Werbeprofis.
Gemäß des Anspruchs der Fortuna wäre es auch nicht verkehrt, ein wenig mehr Geld in einen Trainer zu investieren, der sich zudem die Mannschaft selbst zusammenstellen dürfte, um modernen Fußball spielen zu lassen. Es wäre ein Schritt in Richtung Image-Verbesserung und einer, der geeignet wäre, dem Schatten des temporären Karnevals, der unter Werner stattgefunden hat, zu entfliehen.
Es wäre auch ein Schritt, der dem Sinn des Namensgebers der Fortuna-Spielstätte näherkäme. Esprit steht ja für Schwung und Jugendhaftigkeit. Davon ist die alte Dame Fortuna weit entfernt.
© Roman Siertes
© GeoWis (2013-11-30)