Passion
Chongqing genießt in China den Ruf, eine geschichtsträchtige und außergewöhnliche Metropole zu sein. Sie ist es.
Von Uwe Goerlitz (2014-06-23)
Henry Luce, Mitgründer des Time-Magazins, würde Chongqing nicht mehr wiedererkennen, säße er heute in einem Lokal am Jialing-Fluss (Jialing Jiang) oder am Yangtze (Chang Jiang). Luce liebte China und diese seit ewigen Zeiten von Grün umgebene und häufig von Nebel bedeckte Stadt. Folgt man seinem Biographen W.A. Swanberg, sei er ihr geradezu verfallen gewesen.
Am 6. Oktober 1945 habe Luce auf den "lehmigen Yangtze" geblickt, wie sein Biograph schreibt. Abhängig davon, wie stark und anhaltend die Monsunsaison ist, führt der Fluss helle Sedimente und Schwebstoffe mit sich, die ihm eine lehmige Färbung geben. Luce habe "frohlockt", so Swanberg. Die Freude galt weniger dem Fluss, sondern sie galt dem Ende des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges, deracht Jahre gedauert hatte (1937-45) und erst einen Monat zuvor zu Ende gegangen war.
Während dieses Krieges war Chongqing ab dem 20. November 1937 bis zum Ende des Krieges Chinas Hauptstadt, in der sich der aus der vorherigen - Nanjing - von den Japanern vertriebene Nationalist Chiang Kai-shek, Anführer der herrschenden Kuomintang, verschanzte. Mit den Kommunisten Mao Zedongs verbündeten sich die Nationalisten gegen die Japaner, die bereits Shanghai, Nanjing und die Großstadt Wuhan eingenommen hatten und somit am Mittellauf des Yangtze angelangt waren.
Die bereits seit 30 Jahren in China, vor allem in der Mandschurei im Nordwesten des Landes, mordenden und marodierenden Tenno-Truppen, unterstützt vom letzten chinesischen Kaiser, dem Kind Pu Yi, bzw. dessen Beratern, und kollaborierenden chinesischen Generälen, bombardierten Chongqing immer wieder.
Die Anführer von Chiang Kai-sheks Chongqing-Truppen, unterstützt von US-Kampffliegern und Söldnern, die bereits im Ersten Weltkrieg in Europa gekämpft hatten, nun aber ausgemustert waren, dennoch Einsätze flogen, fielen durch Korruption und Schiebereien auf, trieben illegale Geschäfte mit Birma, Schiebern aus der chinesischen Provinz Yunnan und Nordvietnam. Trotz dieser als den Widerstand zersetzenden Umstände, zu denen auch der Verrat gehörte, erwies sich Chongqing als Bastion gegen die Japaner.
Im damaligen Chongqinger Vorort Hongyan legten die von Mao Zedong angeführten Kommunisten sich eine Widerstandszentrale an, in der Mao, der zum Ende des Krieges zu Verhandlungen mit Chiang Kai-shek über Chinas künftigen Weg nach Chongqing eingeflogen wurde, ein Bürogemach erhielt.
Das Hauptgebäude wurde 1939 erbaut, zunächst mit einer Nutzfläche von 500 qm. Schnell wurde die Anlage auf 1186 qm erweitert. Auf drei Etagen sind 54 Räume entstanden.
Neben Mao Zedong Büro hatten einige seiner Gefährten hier ihr Domizil, darunter der spätere erste Außenminister der Volksrepublik China, Zhou Enlai, und dessen Gattin Deng Yingchao. Sie waren die Adoptiveltern des von 1988-98 amtierenden Premiers Li Peng. Auf das Areal fielen japanische Bomben, indes zerstörten sie es nicht.
Hongyan, nahe der Gele-Berge, ist heute innerstädtisch und liegt im Stadtteil Shapingba. Die in einem immergrünen Park liegende Stätte des Widerstandes, die als eine von drei Operationszentralen der 8. Route Army der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) fungierte, ist ein polit-historisches Museum.
In der für Besucher zugänglichen Kommandozentrale ist alles so belassen wie es vor fast 70 Jahren hinterlassen wurde. Arbeits- und Schlafzimmer der Anführer, Schreibstuben der Sekretärinnen, Funk- und Dechiffrierraum, Gemeinschaftsraum, Mehrbettschlafräume, Besprechungszimmer. In allen Räumen steht noch das Originalinventar, auf dem sich kein Staubkorn befindet.
Davon, dass die Stätte des revolutionären Widerstandes im Gegensatz zu früheren Jahren heute wieder ins Bewusstsein der Chongqinger gerückt ist, zeugt die moderne, mit rotem Marmor verzierte Hongyan Memorial Hall, die auf einem großzügig angelegten Platz steht, auf dem geparkt werden darf.
Rechter Hand zum Eingang dominiert eine gut fünfzehn Meter lange konkave Wand aus rotem Sandstein, aus der die revolutionären Helden des Widerstandes in Chongqing herausgemeißelt sind, die Szenerie. Zentral davor stehen achtzehn etwas höher als lebensgroße chinesische Denker und Revolutionshelden, darunter Zhou Enlai, zu deren Füßen Schrifttafeln angebracht sind.
Spötter könnten beim Anblick dessen schnell von anthropomorphischer Idolatrie oder von Heroisierung sprechen. Das müssten sie dann aber auch, wenn sie das Kanzleramt in Berlin besuchten oder die Parteizentralen der Sozialdemokraten, Christsozialen oder Liberalen. Das Schloss Bellevue, Heimstatt des Bundespräsidenten, nicht zu vergessen. Es hat auch eine Ahnengalerie.
China wäre heute womöglich unter japanischer Fuchtel, wenn sich die damals spinnefeinden Kontrahenten Chiang Kai-shek und Mao Zedong nicht im Verbund gegen die Invasoren gewendet hätten. Die US-Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki waren zwar hilfreich, um Japans Kapitulation beschleunigt herbeizuführen, sein Expansionsdrang innerhalb Chinas aber wurde maßgeblich vom temporären Zusammenschluss der Kuomintang mit den Kommunisten gestoppt. Chongqing war insofern wichtig.
Zu Zeiten von Henry Luce und dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Asien war die Stadt an Jialing und Yangtze, die seit 800 Jahren von strategischer Bedeutung ist, noch eine Großstadt mit wenigen hunderttausend Einwohnern. Heute hat der Metrobereich (Chongqing Urban Area) etwa acht Millionen und stellt damit mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung des Stadt-Provinz-Konstrukts.
Die zwischen den beiden Flüssen liegende Halbinsel, Stadtbezirk Yuzhong, ist heute der zentrale Geschäftsbereich. Dort stehen die Bürohochhäuser heimischer Unternehmen, etwa Banken und Versicherungen, Automobilproduzenten und Elektronikfirmen, dazu Vier- und Fünf-Sternehotels. Auch Shopping Malls, in denen so ziemlich alle international renommierten Marken von Luxusartikeln eigene Läden unterhalten, haben sich in Yuzhong angesiedelt.
Beiderseits gegenüber der Halbinsel, am Nordufer des Jialing und am südlichen und Westufer des Yangtze, reihen sich ebenfalls Hotel-Hochbauten aneinander, ankern Restaurantschiffe und herrscht auch des Nachts reger Verkehr. Sobald es zu dämmern beginnt, geht überall das Licht an. Nahezu sämtliche Hochhäuser, Hotels und andere Bauten, etwa das Opernhaus, sind in ihren Konturen oder vollständig illuminiert.
Brücken ebenso. Es scheint, als lieferten die Brücken sich einen Licht-Wettbewerb. Die über den Jialing zum Jiangbei Distrikt (Jiangbei: nördlich des Flusses) gespannte Huanghuayuan-Brücke erstrahlt in Weiß, Rot und Blau. Ihre Konkurrenz im Süden ist die Yangtze-Brücke (Chang Jiang Bridge), die abends ein kaum weniger buntes Lichterkleid trägt. Verbunden sind beide Brücken durch den knapp zwei Kilometer langen Shihuang-Tunnel.
Neun Brücken im Zentrum Chongqings wetteifern geradezu um die schönste Lichterpracht. Neben den beiden schon genannten die Jialingjiang-Brücke, die Yu’ao-Brücke, die Egongyan, Shimen, Gaojiahuayuan, Lijiatuo Changjiang und die Masangxi. Die Illuminierung der Brücken- und Häuserkonturen steht der von New York City, Los Angeles oder Chicago in nichts nach, wie auch der hierzu notwendige Energieverbrauch.
Chongqing, häufig - leider auch von manchen Geographen - fälschlicherweise als größte Stadt der Welt bezeichnet, weil sie seit 1998 als Regierungsunmittelbare Stadt gilt¹, dabei in etwa die Fläche Österreichs und somit den Charakter einer eigenen Provinz aufweist, wirkt auf den ersten Blick längst wie ein Moloch. Der Geograph Erdmann Gormsen prägte einst für Mexico City den Begriff Monstruopolis². Gormsen setzte das Attribut faszinierende vor seine Wortschöpfung. Man könnte geneigt sein, auch Chongqing als solche zu bezeichnen.
Menschen, die weniger in Raumordnungskategorien, an Flächenverbrauch, Verkehrsinfrastruktur, Energie- und Wasserversorgung oder Abfallentsorgung denken, mögen die Stadt aus anderer Perspektive wahrnehmen. Die räumliche Wahrnehmung, wie Volker Kaminske in seinem gleichnamigen Lehrwerk schreibt, ist vorwiegend subjektiv, wobei manch objektive Feststellung dabei nicht ausgeschlossen werden kann.
Denn der Mensch im Allgemeinen blickt auf das, was sich in einer Stadt und mit ihr anfangen lässt. Gibt es Arbeit? Existieren Freiräume, um sich entfalten zu können? Welches Angebot an Kultur und Sehenswürdigkeiten bietet sie? Welche ökonomischen Möglichkeiten? Welche Verkehrsinfrastruktur ist gegeben? Vor allem aber: welche Lebensqualität lässt sich in ihr finden?
Menschen aber, die eher das Landleben bevorzugen, vielleicht nichts für Großstädte, erst recht nichts für Megastädte übrig haben, fühlten sich womöglich kaum wohl in Chongqing. Zu groß, zu uniform die Wohnbebauung, zu mächtig alles, zu unüberschaubar, zu weitläufig, könnten sie annehmen. Gegen Vorurteile sind auch Städte nicht gefeit. Wer jedoch offen ist für Neues, auch wenn das Neue riesengroß ist, dem eröffnen sich auch neue Welten.
Dem flüchtigen Betrachter kann die Stadt an Yangtze und Jialing durchaus als bedrohlich erscheinen, gar als "Monstruopolis", wenn er etwa vom Jiangbei International Airport mit dem Taxi mehr als 20 Kilometer überwiegend bergab bis ins Zentrum fährt und sich der an ihm vorbeirauschenden Dimensionen der Flächennutzung gewahr wird. 40-stöckige Wohnhochhäuser, soweit das Auge reicht; die vom Flughafen bis nach Yudong führende, gut 45 Kilometer lange und 38 Stationen aufweisende Hochbahntrasse (Linie 3), gegen die beispielsweise die Wuppertaler Schwebebahn oder die Hochbahnlinien im mexikanischen Monterrey wie Spielzeugbahnen anmuten.
Das sind Fakten, die zum Alltag der Chongqinger gehören, und städtebauliche Notwendigkeiten, wie sie in allen Megastädten Chinas Realität sind. Erstbesucher dieser Stadt, besonders wenn sie aus Europa angereist sind, könnten hernach aus dem Staunen nicht so leicht herauskommen, wenn sie in einem der vorherrschenden gelben Taxis, Marke Suzuki, neben ihrem Gepäck im Fond sitzen³ und versuchen, die Dimensionen Chongqings zu erfassen. Die Stadt ist mit einer europäischen schlicht nicht vergleichbar.
Es gibt keine dieser Art in Europa, obwohl mit den Großräumen London, Moskau, Paris und Istanbul ja Megastädte gibt. Doch Chongqing Urban Area, in der es stets bergab zu gehen scheint und das Bergauffahren kaum wahrzunehmen ist, es sei denn, man ist mit dem Fahrrad unterwegs - das Fahrrad war schon zu Mao Zedongs Wirken keine Option in dieser Stadt -, kann mit diesen Metropolen immer mehr mithalten. Nicht architektonisch, indes hinsichtlich seines Flairs aufgrund der in ihr zusammenfließenden Ströme.
In Chongqing ist vieles superlativ, ohne dass Superlative seitens der Administration verfolgt werden, wie das zum Beispiel in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und noch andernorts, etwa in Singapur und Kuala Lumpur, der Fall ist. In die Höhe zu bauen, nur um wahrgenommen zu werden (Kuala Lumpur: Petronas Towers; VAE: Burj al-Charifa/al-Arab) ist nicht angesagt in der Stadt. In Chongqing baut man nicht auf Sand.
Was einem als Besucher monströs erscheinen mag, ist in Chongqing wie in vielen chinesischen Mega-Städten schlicht Notwendigkeit: Die Leute brauchen Wohnraum. Der kann angesichts der Bevölkerungszahlen nicht mit Fläche verbrauchenden ein-, zwei- oder dreigeschossigen Wohnhäusern ausreichend bereit gestellt werden. Bedarf und Funktionalität gehen architektonisch Hand in Hand, nicht nur in Chongqing, sondern in allen Groß- und Mega-Städten Chinas.
Im Sommer ist es mitunter unerträglich heiß in der Stadt. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, weshalb sich Mai, Juni September und Oktober gut eignen, um der Metropole einen Besuch abzustatten. Die Vegetation steht in Blüte (im Frühjahr), alles grünt. Trotz hohen KFZ-Verkehrsaufkommens herrscht gute Luft, das die üppige Vegetation einen Großteil der Schadgase aufnimmt. Abends, nachts oder in den frühen Morgenstunden fällt schon mal Regen, der die Luft reinigt.
Wer abends in Downtown Chongqing auf der Halbinsel zwischen Jialing und Yangtze unterwegs ist, taucht unmittelbar ab in eine Welt, die mit der des Tages kaum noch etwas gemein hat und mit dem Begriff Romantik bezeichnet werden kann. Die Stimmung erfasst am besten, wer an lauen, warmen oder heißen Abenden von April bis September in einem der Lokale in Yuzhong im Ortsteil Chaotianmen sitzt und von hoch oben wahlweise auf den Jialing oder Yangtze blickt und Live-Musik lauscht. Die Stadt, die oft unter Nebel liegt, auch so bezeichnet wird - wie auch als Bergstadt -, trägt unvermittelt ein anderes Kleid und vermittelt eine Atmosphäre, die sich Henry Luce wahrscheinlich nie hätte vorstellen können. Chongqing bei Nacht ist anders als Berlin (an der Spree) oder Paris (an der Seine) bei Nacht. Ganz anders. Als Europäer, zumal als einer, der sich in europäischen Metropolen umgeschaut hat, vergleicht man, und stellt fest: Wow!
Man stellt fest, dass man in Europa quasi auf einer Insel lebt und ist erstaunt darüber, dass es am anderen Ende der Welt längst eine Entwicklung gibt, die konträr zum eigenen Selbstverständnis verläuft. Mitunter ertappt man sich ob der Ignoranz oder Unkenntnis gegenüber China, ist vielleicht sogar darüber beschämt. Kluge, aufgeschlossene Europäer gestehen sich das ein und richten ihren Blick fortan auf China. Denn dort geht längst die Post ab. Auch in Chongqing.
Nicht einzig Karaoke-Künstlern, die durchaus mit hoher musikalischer Qualität aufwarten, oder unbekannten, in Chongqing hängen gebliebenen Europäern oder Nordamerikanern, sondern Musikern aus der Region, die von ihren Darbietungen leben müssen. Moon River ist eines der Stücke, das am Jialing fast jeder, der ans am Mikro geht, im Repertoire hat.
Die Musiker beherrschen ihr Fach, ganz gleich ob Stimme, Violine, Piano oder Gitarre. Und während die einen verträumt auf den Jialing blicken, ihrer Liebsten einen Antrag machen oder sie zum Hochzeitsjubiläum ausgeführt haben, sitzen andere beim Kartenspiel, bei dem oft das weibliche Geschlecht eine tonangebende Rolle spielt.
Wein gibt es, wie es sich gehört, in der Regel in Flaschen zu 0,7 Litern; Fassbier in unterschiedlichen Füllmengen, wobei ein halber Liter eher Standard ist. Cocktails, Longdrinks, Schnäpse - alles virtuos verziert, fehlen nicht, wenn in Chongqing, speziell in Chaotianmen, ausgegangen wird. Wer keinen Alkohol mag, der bestellt sich Tee, meist grünen, oder kostet eine der Mixturen aus Obstsaft und Tee, zum Beispiel Mangosafttee.
Kulinarisch hat die Stadt ebenfalls viel zu bieten. Bekannt für ihren Hot Pot (Feuertopf), der in unzähligen darauf spezialisierten Restaurants zu sich genommen werden kann und nur etwas für Gaumen ist, die Scharfes vertragen (es gibt auch eine abgemilderte Version), lässt sich eine Fülle an Köstlichkeiten ausprobieren. Geprägt ist Chongqings Küche von der Sichuan-Küche, die traditionell scharf und variantenreich gewürzt ist.
Auf der Promenade oberhalb des Flusses trifft man gewissermaßen zur Einstimmung auf das, was einen in den fein hergerichteten Lokalen weiter unten erwartet. Live-Musik einer lokalen oder aus der Region stammenden Band. Von Jazz über Blues bis Rock reicht das Spektrum. Auf die höchst romantische Veranlagung der Chinesen Rücksicht nehmend, haben auch die Rockmusiker Balladen chinesischer Prägung im Repertoire und erfreuen sich des stehen bleibenden Publikums. Und wo einer steht, stehen bald ganz viele.
Sie schwelgen dahin, wirken verzaubert, ganz intim, doch sie küssen sich nicht. Das ist nicht Usus in der Öffentlichkeit. Aber sie fotografieren alle und alles um sich herum, schießen Selfies, halten den Moment fest - und die Szenerie am Fluss samt der Lichter am anderen Ufer, von dem aus das Opernhaus in illuminierter Pracht herüber strahlt.
Fragt man einen Chongqinger, ob er schon mal in Beijing war, kann es geschehen, dass er antwortet: "Nein. Wozu?" Fragt man einen Hauptstädter, ober er schon mal in Chongqing war, kann es passieren, dass man als Antwort erhält: "Leider noch nicht."
Es sind nicht nur der Jialing, der im Mai wenig Wasser führt, und die attraktiv gestalteten Einrichtungen, die die Stadt im Südwesten Chinas, die in gewisser Weise weitab vom Schuss liegt, sprich: weit entfernt von den Wirtschafts- und Kulturzentren Shanghai, Hangzhou, Beijing, Guangzhou, für Besucher interessant erscheinen lässt. Es ist auch der Yangtze, der ihr Attraktivität verleiht. Der drittlängste Fluss der Erde, der mächtigste Chinas, wirkt wie eine schlangenhafte Gottheit.
Er ist das Lebenselixier ganzer Provinzen. Besungen, beschrieben, befilmt ist er für die Chongqinger der Fluss aller Flüsse - und für alle 1,4 Milliarden Chinesen auch. Es heißt, wer den Yangtze nicht gesehen hat, hat die Welt nicht gesehen. Natürlich könnte man das auch für den Nil und den Amazonas behaupten. Doch es wäre vielleicht etwas kühn. Gibt es etwa Städte wie Chongqing oder - weiter nordwestlich - Wuhan am Amazonas? Oder am Nil?
Wer aus seinem Zimmer von einem der Fünf-Sterne-Hotels oder vom Balkon seiner Wohnung auf den Yangtze blickt, den kann ein Gefühl von Demut beschleichen. Was für ein Fluss! Was für eine Stadt! Was für ein Glück, dass ich hier bin! Es gibt nur wenig Vergleichbares. Am Ehesten noch in China. In Shanghai, am Jiang Pu. Vielleicht auch noch in Hangzhou. Das Gefühl von Demut mag vor allem bei jenen Menschen aufkommen, die sich der Geschichte der Stadt bewusst sind.
¹ Regierungsunmittelbare Stadt bedeutet u.a., dass wichtige Entscheidungen in der Regionalentwicklung von Beijing mitbestimmt und finanziell unterstützt werden.
² Erdmann Gormsen: México-Stadt, faszinierende „Monstruopolis“. In: Geographie und Schule, Heft 110, S. 20-29, Dezember 1997, Aulis Verlag Deubner, Köln.
³ Zum Einsatz kommen hauptsächlich die Suzuki-Modelle SX 4 und Lingyang, die von der Chang’an Suzuki Automobile in Chongqing produziert werden. Aufgrund des hohen Benzin- und Dieselpreises in China (umgerechnet ca. € 1/Liter, Stand: Mai 2014) sind die meisten Taxis auf Gasbetrieb umgerüstet. Der Gastank befindet sich im Kofferraum. Dadurch ist für größere Gepäckstücke kein ausreichender Platz vorhanden.
© Uwe Goerlitz
© GeoWis (2014-06-23)
Lesen Sie auch Goerlitz‘ Beitrag Regionalentwicklung der Superlative in deutsche bauzeitung, Ausgabe Juni 2014 (auch als Print-Ausgabe erhältlich).