EVD - China führt neues DVD-Format ein
Im Stil des japanischen MITI beginnt China, eigene Standards in Unterhaltungselektronik und Software zu setzen
Von Wang Wei (2006-12-07)
Die chinesische Alternative zur DVD heiβt EVD (Enhanced Versatile Disc). Gestern wurden in Beijing die ersten EVD-Spieler neuester Generation gezeigt. 20 Firmen präsentierten 54 Geräte. Bereits vor drei Jahren wurde die EVD-Technologie von chinesischen Herstellern vorgestellt, verschwand aber kurz darauf aber wieder vom Markt. Als zu komplex gestaltete sich die Verständigung mit Film- und anderen Produzenten hinsichtlich der Lizenzgebühren. Auch wiesen die damaligen Abspielgeräte noch einige Kinderkrankheiten in Design und Technik auf (Foto: Shinco EVD 8830).
Mit umso konsequenterer Zielsetzung wurde die Technologie nach weiteren Verfeinerungen nun zum künftigen Standard in China erklärt. Schon 2008 soll das neue Format die DVD zumindest in China komplett abgelöst haben. Das jedenfalls hat sich der Verband der EVD-Industrie ins Logbuch geschrieben und heute in Beijing proklamiert.
Inzwischen hat auch die Filmindustrie die Vorteile des neuen Standards erkannt. Neben klareren Bildern und besserem Klang gegenüber der DVD hat sie vor allem der bessere Schutz vor Raubkopien überzeugt. Noch im Juli und August dieses Jahres waren landesweit fast 90.000 Geschäfte und Straβenhändler überprüft und über acht Millionen Piraterieprodukte konfisziert worden. Die meisten davon waren DVDs und CDs. 3000 Geschäfte wurden daraufhin geschlossen, mehr als 9500 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua seinerzeit.
Die Entwicklung des neuen Formats und die Einführung in den gröβten Verbrauchermarkt der Welt sind Teil der chinesischen Strategie, sich unabhängiger von Importen und Lizenzgebühren zu machen. Sofern das Format endogen bliebe, müβte sich China wohl vorübergehnd nicht mehr mit den - berechtigten - Klagen ausländischer Patent- und Rechtehalter auseinandersetzen, da das Scheibchen auch als Piraterieprodukt an Bedeutung verlöre.
Allerdings dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis EVD-Kopien auf dem immens groβen Schwarzmarkt, von dem einige Millionen Chinesen leben, zu haben wären. Wesentlich wichtiger ist, daβ China als weltgröβter Produzent von DVDs und DVD-Spielern nicht nur hinsichtlich des heimischen Marktes, sondern auch des Exports in eine andere Position geriete, denn geht dieser Teil der chinesischen Globalisierungspolitik erst im Inland auf, hätte die EVD gute Chancen, die DVD weltweit zu marginalisieren. Das würde bedeuten, daβ Lizenzgebühren dann nach China überwiesen werden müβten.
© Wang Wei
© GeoWis (2006-12-07; 16:10:08)