Vom Zauber und der Gefahr alter Bücher
Simone ten Breck (2007-03-12)
Wer jemals in einer Bibliothek oder einem Antiquariat war, hat vielleicht schon erlebt, welche Aura alte Bücher umgibt. Leder- oder Leineneinbände, oft mit Prägungen versehen, Papier mit Goldschnitt. In alten Büchern stehen nicht nur Geschichten oder Wissenswertes, sie haben auch Geschichte.
Sammlern sind die Erstausgaben von Bedeutung. Sie bezahlen enorme Summen, um etwa eine solche von Daniel Defoes Robinson Crusoe (1719) oder Moll Flanders (1722) zu ergattern. Oder die Pickwick Papers von Charles Dickens (1837). Auch Max und Moritz (1865) von Wilhelm Busch dürfte viel kosten. Je älter und seltener ein Buch ist, je aufwendiger und gut erhaltener, desto teurer, klar. Ganze Sammlungen sind natürlich das Nonplusultra. Prospero, Shakespeares Protagonist in The Tempest, hatte solche. Einblicke verschafft der von Regisseur Peter Greenaway gedrehte Film Prospero's Books.
Etwas vom Zauber alter Bücher vermittelt John Dunning mit seinem spannenden Roman Das Geheimnis des Buchhändlers. Sein inzwischen in fünf Romanen verewigter Held, der Antiquar und ehemalige Cop Cliff Janeway, ersteigert 1987 für eine fünfstellige Summe, die aus "Indianergeld" stammt, drei Bände des Forschers Richard Burton. Danach beginnen Janeways Probleme. Der Weg dieses aus dem 19. Jahrhundert stammenden Dreibands bis in die 1980er Jahre, die Hände, durch die er gegangen ist, das Dahintersteckende, Kriminelle, Unerwartete ist der Plot.
Janeway, fasziniert von der Magie alter Bücher, aber auch von einer belesenen, zwielichten jungen Anwältin, ist im Innern noch Cop genug, sich auf seine Ratio zu verlassen. Meistens jedenfalls. Sein Burton-Dreiband ist manchem einen Mord wert. Anders als etwa in Arturo Pérez-Revertes El club Dumas o la sombre de Richelieu (1999 verfilmt von Roman Polanski als Die neun Pforten) geht es in Dunnings Roman nicht um Okkultismus oder Luzifer, sondern um Bibliophile, die vor nichts zurückschrecken.
Man erfährt viel über das Innenleben einer beinahe mystisch anmutenden Branche, über die Tricks und Verschrobenheiten mancher ihrer Akteure und über individuelle Leidenschaften zu Büchern. Und man erfährt, daβ auch hinter groβen Autoren oder solchen, die für groβ gehalten werden, mitunter Lug und Trug stecken.
Dunning ist in Plot, Sprache und Duktus wieder einmal ein ausgesprochen packender Roman gelungen, bestens übersetzt von Thomas Haufschild. Kein Satz, nicht mal ein Wort erscheint überflüssig.
© Simone ten Breck
© GeoWis (2007-03-12; 14:07:30)
John Dunning. Das Geheimnis des Buchhändlers. Hardcover, 438 S.; ISBN 978-3-352-00744-6. Rütten & Loening, Berlin, 2007. Erschienen am 21. Februar 2007.
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