Killing an Afghani
Nato-Oberbefehlshaber General John Craddock überrascht mit seinem 'Tötungsbefehl' die im Afghanistan-Krieg an der Front stehenden Kommandeure genauso wie manche Politiker, darunter auch deutsche.
Von Nina Brenthäuser (2009-01-29)
Wie mehrere Nachrichtenagenturen und daran angeschlossene Medien heute berichten, soll Nato-General John Craddock den ihm unterstellten Kommandeuren in Afghanistan einen Tötungsbefehl erteilt haben, der gegen Drogenhändler anzuwenden sei.
Sollte dies stimmen, hätte erstmals ein Nato-General die Hosen heruntergelassen und offenbart, daß es im Nordatlantikpakt - Nato - verwegen undemokratisch zugeht. Drogenhändler in Afghanistan einfach umzubringen, ohne zuvor ein Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet zu haben, um überhaupt die Todesstrafe per Urteil als Grundlage zu besitzen, scheint dem Großvater Craddock, der ein Relikt der Bush-Administration ist, also freund zu sein.
Manch deutsches Leitmedium - allen voran der Spiegel mit seiner Online-Ausgabe - beschränkt sich auf die kommentarlose Berichterstattung dieser entlarvenden, einschneidenden Aussage. Andere, etwa faz.net, das Online-Portal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, machen sich mehr Gedanken und berichten breiter. Vor allem über die Diskrepanzen zwischen Oberbefehlshaber Craddock und seinen Kommandeuren in Afghanistan, die ihm formal Gehorsam leisten müssen.
Sie wehren sich gegen den in Rede stehenden 'Tötungsbefehl'. Ein Unding, eigentlich. Militärisch betrachtet: Befehlsverweigerung. Und doch nicht abwegig. Denn anders als Opa Craddock, der von Brüssel aus agiert und zu glauben scheint, wie es in Afghanistan aussieht und weitergehen soll, dabei kurz vor seinem Ruhestand noch gleich die Genfer Konvention mit Füßen tritt, stehen die Kommandeure mit ihren Truppen im Kampf. Manche dürften sich längst fragen, was sie hier eigentlich tun. Einigen rückte vielleicht jüngst das Prinzip der Ethik ins Gedächtnis.
Befolgten sie den Befehl von Opa Craddock konsequent, müßten sie wohl auch eigene Leute festnehmen, die im Drogen-Business unterwegs sind. Denn das Business floriert nur mit Hilfe von Ausländern, und gerade mit jenen, die das größte Kontingent in einem Krieg stellen. So war es schon während des Vietnam-Kriegs.
Deutsche, aber auch manche europäische Politiker zeigen sich laut Spiegel Online denn auch entsetzt über Craddocks angeblich erteilten Befehl. Entsetzen reicht nicht, sollte Craddock es ernst meinen. Da muß man als Merkel, Steinmeier oder Müntefering handeln und in Brüssel bei der NATO mal mächtig auf den Putz hauen. Alles andere wäre unbedingt als stillschweigendes Hinnehmen von Mord zu betrachten.
© Nina Brenthäuser
© GeoWis (2009-01-29)