Hoffen auf die nächste Instanz
Taiwans Ex-Präsident Chen Shui-bian bleibt weiterhin in Haft. Dies bestätigte am Donnerstag der High Court in Taipeh.
Von Lucy Ming (2009-09-26)
Chen war am 11. September dieses Jahres gemeinsam mit seiner Gattin Wu Shu-chen - und elf weiteren Angeklagten - wegen Korruption im Amt und Geldwäsche zu lebenslanger Haft und einer Geldstrafe von 15,4 Millionen US-Dollar verurteilt worden. Das erstinstanzliche Gericht in Taipeh befand ihn - neben anderen Straftaten - für schuldig, sich ungerechtfertigt bereichert zu haben.
So habe Chen während seiner achtjährigen Amtszeit (2000-2008) über drei Millionen Dollar aus seinem "speziellen Präsidentenfond" veruntreut und Bestechungen im Wert von neun Millionen Dollar angenommen, wie China Daily und die Taipeh Times berichteten.
Ihm wird zudem vorgeworfen, große Summen auf schweizer Bankkonten und auf die Cayman-Inseln geschleust zu haben. Auch wird vermutet, daß er und seine Familie weitere rund 17 Millionen Dollar auf ausländischen Konten liegen haben.
Der schillernde Ex-Präsident, durchaus vergleichbar mit Perus verurteiltem Ex-Präsidenten Fujimori, und seine Frau waren im November 2008 in Taipeh festgenommen worden und in Untersuchungshaft gesteckt worden. Gegen seine Verurteilung hat Chen Berufung eingelegt und gehofft, die Untersuchungshaft werde nicht verlängert.
Zuvor hatte sich Chen mit der Bitte an die USA gewandt, sich für seine Freilassung einzusetzen. Hierzu argumentierte er, die USA seien "seit dem Zweiten Weltkrieg Taiwans "Besatzungsmacht", was selbst seine ehemaligen Parteifreunde von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) verblüffte, die - wie über Jahrzehnte auch Chen - Taiwan als souveränen Staat betrachten.
Anders als China, die den Inselstaat von der Größe Baden-Württembergs als ihre Provinz betrachten und sich indirekt in dieser Haltung durch die UNO bestätigt sehen, die Taiwan bisher nicht als Mitgliedsland aufgenommen hat. Neben anderen Staaten hat auch Deutschland Taiwan bisher nicht als souveränen Staat anerkannt.
Daß Chen, der vor und während seiner beiden Amtszeiten stets gegen China agitiert hatte und sich dabei der Unterstützung der ehemaligen Bush-Administration (2000-2008) sicher sein konnte, seine Verurteilung auf eine politische Ebene hieven möchte, wird auch daran ersichtlich, daß die Taiwan Civil Rights Litigation Organization ihn unterstützt und seine Prozeßkosten übernimmt.
Um dem Verdacht der Flucht- und Verdunklungsgefahr entgegenzutreten, hatte Chen unter anderem angeboten, sich einen elektronischen Bewegungsmelder anlegen zu lassen und unter Hausarrest gestellt zu werden.
Darauf ließ sich das dreiköpfige Richterteam - Teng Chen-chiu, Peng Hsing-ming und Pan Tsui-hsueh -, das nach einem Zufallsverfahren aus 81 Richtern zustandekam, nicht ein und verlängerte die Haft um weitere drei Monate.
Während Chen die taiwanischen Richter generell für (politisch) befangen hält, sieht sein Büro das nicht so. Chuang Chi-ming, Sprecher von Chens Büro, sagte laut China Daily, die Richterauswahl sei offen und fair gewesen.
Ein Termin vor dem Apellationsgericht (High Court), vor dem die Berufung verhandelt werden wird, stehe noch nicht fest. Wie es heißt, sei die Entscheidung offen. Schon mehrfach habe das Gericht erstinstanzliche Urteile vollständig kassiert.
© Lucy Ming
© GeoWis (2009-09-26)